Interaktive Bilderbuchbetrachtung

Wir leben in einer Welt, in der die Schriftkultur unabdingbar zur Sprache dazugehört. Deswegen ist es wichtig, die Kinder bereits im Kindergartenalter an die Literacy-Kultur heranzuführen. z.B. in dem man den Kindern Geschichten erzählt, sich gemeinsam Bilderbücher anschaut, ihnen vorliest …

Im Rahmen der ganzheitlichen Sprachbildung heißt das: Interaktive Bilderbuchbetrachtung.

Die Buchbetrachtung ist ein ganzheitliches, interaktives Erlebnis. Sowohl die vortragende Person als auch das zuhörende Kind sind aktiv beteiligt. Die Geschichte wird zu einer bewegenden Erfahrung für Körper, Geist und alle Sinne.

Ein ganzes Projekt rund um ein Bilderbuch. Die Bausteine der interaktiven Bilderbuchbetrachtung sind …

  • die eigene Vorbereitung
  • die Einstimmung der Kinder
  • das „Vorlesen“ – die Geschichte zum Erlebnis werden lassen
  • die Vertiefungsaktivitäten
  • die Raumgestaltung
  • der Abschluss

die eigene Vorbereitung

  • Ich suche ein Buch aus, das ich gerne vorlesen mag, zu dem ich selbst eine emotionale Bindung habe. Nur echte Begeisterung für ein Buch überträgt sich auf die Kinder und macht es für sie zu einem Erlebnis.
  • Ich mache mir Gedanken über Inhalt und Sprache des Buches.
  • Welche Inhalte möchte ich den Kindern nahebringen?
    • Ich suche echte Gegenstände und Spielsachen aus, die mir als Requisiten dienen, um den Kindern den Inhalt des Buches zu verdeutlichen.
  • Welcher Sprachschatz ist dafür notwendig?
    • Ich schreibe mir ca. 20 Wörter, kurze Sätze oder Redewendungen auf, die man braucht, um die Geschichte zu verstehen und darüber reden zu können.
  • Ich mag das Buch gerne vorlesen.

die Einstimmung der Kinder

Mit echten Gegenstände, Requisiten, Handpuppen, Figuren, etc. werden die Kinder auf die Geschichte eingestimmt. Ich suche Anknüpfungspunkte aus dem Erfahrungsbereich der Kinder, um mit ihnen über einzelne Vorkommnisse der Geschichte, neue Gegenstände und Wörter zu reden.

Ist z.B. die Hauptfigur der Geschichte ein Esel, dann spreche ich mit den Kindern darüber: Wie sieht ein Esel aus? Wo lebt er? Warum haben Menschen einen Esel? Wie bewegt er sich? Welche Laute gibt er von sich? Was frisst er? Ich knüpfe daran an, welche ähnlichen Tiere die Kinder schon kennen und mit einem Esel vergleichen können? Wir waren auf dem Kinderbauernhof und durften auf Ponys reiten. Auf einem Esel kann man auch reiten, aber er sieht etwas anders aus als ein Pony…
Ein Esel muss oft Lasten tragen, früher zum Beispiel die Kornsäcke zur Mühle. Korn und Säcke können als echte Gegenstände den Kindern gezeigt werden, ein Esel als Handpuppe oder Stofftier.

Als Faustregel kann gelten: pro Geschichte nicht mehr als 20 neue Sprachschatzeinheiten einführen, aber in jeder sprachbildenden Situation nicht mehr als 7 neue Einheiten. Eine Sprachschatzeinheit ist ein Wort im sprachlichen Kontext und im Sinnzusammenhang. z.B. „Der Esel schreit Ihhh – Ahhh.“ „Der Esel muss schwere Säcke tragen“. Der Esel frisst Gras und Heu.

Diese Gegenstände (Stofftiere, Körner, Jutesack, Gras, Heu) stehen den Kindern im Vorfeld und im Anschluss an die Buchbetrachtung zum Spielen zur Verfügung.

das „Vorlesen“ – die Geschichte zum Erlebnis werden lassen

Wenn die Kinder die sprachlichen und inhaltlichen Voraussetzungen für das Verstehen der Geschichte erworben haben, trage die Geschichte mit ganzem Körpereinsatz und Requisiten vor. Die Kinder sind bei der Buchbetrachtung ebenfalls aktiv und werden ganzheitlich mit eingebunden. Die Kinder bekommen Gelegenheit die Requisiten anzufassen und mit allen Sinnen zu erleben, bei den Dialogen mitzusprechen, Bewegungen der Geschichte mitzumachen.

Die Geschichte wird mehrfach über einen längeren Zeitraum in unterschiedlicher Form dargeboten: als Puppentheater, als Diashow, als Kino, einzelne Szenen werden als laminierte Folien zur Verfügung gestellt, als Gesamtposter …

Das eigentliche Vorlesen, sprich den Wortlaut aus dem Bilderbuch vortragen, ist nicht die erste Darbietungsform sondern erfolgt erst nachdem den Kindern der Inhalt schon plastisch dargeboten wurde und sie ihn verstanden haben.

die Vertiefungsaktivitäten

Wir beschäftigen uns längere Zeit mit dem Thema des Buches. Wir spielen die Geschichte nach, wir erzählen sie nach, wir malen Bilder dazu, gestalten unser eigenes Bilderbuch. Wir singen passende Lieder, lernen Gedichte dazu, machen Spiele, Bastelarbeiten, Ausflüge … rund um die Geschichte.

Wo begegnen uns im Alltag Einzelheiten aus der Geschichte? Wir nutzen jede Gelegenheit um die 20 ausgewählten Sprachschatzeinheiten zu vertiefen.

die Raumgestaltung

Die Aktivitäten rund um das Buch sind im Raum erlebbar: Man kann Requisiten, Bastelarbeiten, Bilder aus dem Buch, selbstgemalte Bilder etc. sehen, anfassen, damit spielen und vor allem darüber reden.

der Abschluss

Wir bleiben solange bei einer Geschichte, wie die Kinder davon fasziniert sind. Dann werden Figuren, Requisiten und Raumdekorationen weggeräumt. Die eigenen Bastelarbeiten dürfen die Kinder mit nach Hause nehmen. Gemeinschaftsarbeiten wie ein Poster, ein selbst gestaltetes Bilderbuch, Theaterstück oder ein Film werden auch den Eltern, in Form einer Aufführung, über einen digitalen Bilderrahmen oder Aushang gezeigt. Nach einer ca. einwöchigen Pause ohne Bilderbuch sind wir bereit für das nächste interaktive Bildbuchprojekt.

Ein Kommentar zu “Interaktive Bilderbuchbetrachtung”

  1. Hannelore sagt:

    So macht Vorlesen aber viel Arbeit. Sicher aber auch viel Spaß.

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